Hans Cramer
* 23. September 1904 in Heilbronn, † 15. April 1945 in Grunow bei Frankfurt (Oder). Buchdrucker, Papierfachkaufmann, kaufmännischer Direktor einer Papierfabrik. 1919 Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund, 1922–1923 Freikorps, bis 1923 Bismarckjugend der DNVP, 10/1928 SA (zuletzt 1/1942 Brigadeführer) und NSDAP, seit 1935 hauptamtlicher SA-Führer, 3/1937–5/1940 Oberbürgermeister Dachau, 10/1939 Stadtkommissar, ab 5/1940–1944 Oberbürgermeister der Stadt Leslau (Włocławek/Polen) 7/1941–1944 Gebietskommissar Kaunas-Stadt, 1944 Panzergrenadier bei der Waffen-SS.
Der Papierfachkaufmann Hans Cramer, schon seit dem 15. Lebensjahr rechtsextrem infiziert, hatte sich in einer Papierfabrik zum Prokuristen hochgearbeitet. Parallel fungierte er als höchst aktiver Naziredner „im Gebiet der SA-Gruppe Hochland“. 1937 wurde er Bürgermeister von Dachau, nach Kriegsbeginn zunächst Stadtkommissar, dann Bürgermeister im besetzten Leslau (Włocławek), wo er als unerbittlicher Judenverfolger berüchtigt war, um dann 1941–1944 bis zum Gebietskommissar Kaunas-Stadt im Reichskommissariat Ostland aufzusteigen. Um das Gebiet „einzudeutschen“, hatten die letzten 40.000 Juden der Stadt, aber auch 170.000 russische Kriegsgefangene „restlos“ zu verschwinden. Cramers kurzfristiges Interesse bestand allerdings darin, all die Opfer vor der Ermordung noch möglichst effektiv auszubeuten, was ihn zum Protagonisten einer künstlich verzögerten „Vernichtung durch Arbeit“ und damit zum Gegenspieler des auf sofortige „Endlösung“ pochenden SS-Standartenführers Karl Jäger (1888–1959) machte. In diesem Kampf der Nazi-Diadochen verlor Cramer 1944 alle Macht, wurde im Dezember 1944 zum Panzer-Grenadier der Waffen-SS degradiert und fiel vier Monate später als „Kanonenfutter“.
Beschrieben in:
– THT 17, S. 86-96
