Johann Seelos

Von | 5. Dezember 2021

Johann Seelos
(1899 – ?), Kleinbauer und Schuhmacher, Ortsgruppenleiter und Bürgermeister von Stiefenhofen, 1930 Gründungsmitglied der NSDAP-Ortsgruppe, 1931 ausgetreten, 1933 wieder eingetreten („Märzgefallener”), 1935 – 1944 Ortsgruppenleiter, 1936 – 1944 Bürgermeister, 1944 Einberufung, 1945 – 1948 Internierungshaft.
Zweifellos gab es in NS-Zeiten Leute, die alles in allem gesehen eher zufällig zu Tätern wurden. Trifft das auch auf den Stiefenhofer Bürgermeister Johann Seelos zu? Er selbst hat sich nach 1945 für unschuldig gehalten. Zwar sei er „Parteigenosse mit Leib und Seele“ gewesen, aber dennoch treffe ihn „keine Schuld“. Seine Zeitgenossen, die selbst dem Lebensgefühl des „Dritten Reiches“ unterlagen, haben diese Sicht der Dinge weitgehend unterstützt. Sogar eines seiner Opfer hält ihn später für „aufgehetzt“: er habe die Folgen seines Tuns nicht übersehen können. Sein Biograf Leo Hiemer sieht allerdings Motive bei Seelos, die ihn durchaus verantwortlich machen: sein Geltungsdrang, seine fanatische Überzeugung und die dadurch ausgelöste propagandistische Wirkung, Denunziationen in entscheidenden Momenten. In mehreren Fällen hatte sein Handeln fatale Folgen für andere, am Schluss sogar für ihn selbst. Kann das alles Entschuldigung sein für ein insgesamt belastetes Leben? Wer sonst als er trüge die Hauptschuld am Geschehen in Stiefenhofen?
Beschrieben in:
– THT 12, S. 261-278

Kategorie: