Lambert von Malsen-Ponickau

Von | 16. Juli 2023

Lambert von Malsen-Ponickau
* 26. Mai 1904 in München, † 11. Januar 1981 in Neu-Ulm. Architekt, 1931 NSDAP und SS, 1937, SD-„Hauptaußenstellenleiter“ Ulm, 1939-1945 Tätigkeit bei der Einwandererzentralstelle EWZ Litzmannstadt (seit Juni 1941 als Leiter, Nachfolger von Dr. Martin Sandberger), 1944 SS-Standartenführer, 1945-1948 Kriegsgefangenschaft und Internierung, 1948 als „Belasteter” entnazifiziert, danach wieder Architekt.
Lambert Freiherr von Malsen-Ponikau stand als Leiter der „Einwandererzentralstelle“ in Lodz an zentraler Stelle eines oft übersehenen Aspekts des Holocausts: So wie die einen als unerwünscht und überflüssig zu verschwinden hatten, sollte anderen ein Königsweg in die sog. „Deutsche Volksgemeinschaft“ eröffnet werden: Seine Aufgabe bestand darin, entsprechende Personen auszuwählen. Vor dem bestürzenden Hintergrund, wie wenig Aufmerksamkeit die positiv gewendete rassistische Diskriminierung nach 1945 gefunden hat, zeigt Malsen-Ponikaus Biografin Astrid Gehrig, was wir darüber gesichert aussagen können. Sie vervollständigt damit den Blick auf den Holocaust. Wirklich zur Verantwortung gezogen worden ist der Münchner Malsen-Ponikau nie. Wie er – der nach eigenen Angaben aus dem Jahr 1948 seit 1934 beim SD und dort zuletzt Standartenführer war – nach Aufhebung der Sühnemaßnahmen als Architekt für die evangelischen Landeskirchen in Bayern und Baden-Württemberg problemlos mehrere Kirchen und kirchliche Einrichtungen neu erbauen und weitere umbauen konnte, ist bis heute nicht geklärt. Ebenso unklar bleibt, welche Rolle der Verkauf des Neu-Ulmer Schlosses Reutti, in dem er gelebt hatte, an den evangelischen Pfarrer Hansmartin Schott (*1923) in diesem Zusammenhang spielte. Schott richtete hier 1954 eine Evangelische Heimschule ein. Der Name Lambert von Malsen-Ponikau findet sich sogar in der Mitgliederliste der Ulmer Gesellschaft 1950, die sich eigentlich – dank ihrer Gründer wie Otl Aicher (1922–1991), Inge Aicher-Scholl (1917–1998) und Wilhelm Geyer (1900–1968) – gegen ehemalige Nationalsozialisten abgrenzen wollte und von ihrer Zielsetzung her für eine demokratische Zivilgesellschaft eintrat. Malsen erfuhr posthum eine weitere Ehre: Seine Urne ruht in der Kirchenmauer von St. Margaretha in Neu-Ulm/Reutti.
Beschrieben in:
– THT 16, S. 256-285

Kategorie: