Matthias Graf
(1903-1994), Kaufmann, 5/1933 NSDAP, 1933-1937 Allgemeine SS, 1940 SD, Mitglied Einsatzkommando 6, Mitwirkung an der Ausplünderung der Juden von Stalino, als kommissarischer Leiter des SD in Kempten mutmaßliche Mitwirkung an einer Denunziation, Freispruch im Nürnberger Einsatzgruppenprozess.
Wenig bekannt ist bisher über Matthias Graf, den zeitweiligen Leiter des Kemptner SD. Hubert Seliger berichtet, wie er in den 1920er Jahren nach Brasilien auswanderte, wieder zurückkehrte und zunächst in der Einlegesohlenfabrik seines Vaters in Kempten arbeitete. Zusammen mit seinem Bruder Anton bildete er als „kleiner Konjunkturritter“ (Seliger) bis 1941 und nach 1943 den dortigen SD, unterbrochen durch einen Einsatz bei der Einsatzgruppe C, Einsatzkommando 6. Das Nürnberger Militärgericht konnte ihm 1946 keine zur Verurteilung führenden Verbrechen nachweisen. Erst heute ist bekannt, dass er an der Beraubung, Verhaftung und Ermordung von Juden im Getto von Stalino (Ukraine) maßgeblich beteiligt war. In Kempten steht er beispielhaft für tausende von Helfershelfern, denen sich strafrechtlich wenig nachweisen ließ, die aber zweifellos ihren Anteil am Funktionieren des NS-Systems hatten.
Beschrieben in:
– THT 12, S. 100-114
